Finanzlücke bei VRSKosten des Deutschland-Tickets belasten ÖPNV stark

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Tausende Reisende und Pendler nutzen täglich die S-Bahn am Kölner Hauptbahnhof.

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VRS-Geschäftsjahr 2023: Kosten des D-Tickets und hohe Energiepreise sorgen für eine defizitäre Lage beim ÖPNV.

„Wenn die Ausgleichszahlungen für das defizitäre Deutschland-Ticket von Bund und Land nicht mehr geleistet werden sollten, dann blieben die Kommunen auf den Kosten sitzen“, nimmt Michael Vogel, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS), kein Blatt vor den Mund. Nicht die einzige Befürchtung, die die VRS-Vertreter bei der Jahresbilanz im Haus der VRS GmbH an der Deutzer Allee 4 präsentierten. In seinem Bedrohungsszenario für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gehen Vogel und sein Mitgeschäftsführer Norbert Reinkober sogar noch einen Schritt weiter: Wenn die jährliche finanzielle Unterstützung wegfalle, dann könne zukünftig das aktuelle Angebot im ÖPNV in den angeschlossenen Kommunen wohl nicht mehr gewährleistet werden.

VRS: Es fehlen 180 Millionen Euro

Die fehlende Summe, die die VRS-Bosse am Dienstag in ihrer Jahresbilanz für 2023 nannten, beläuft sich auf circa 180 Millionen Euro. Diese sei durch die Zuzahlungen von Bund und Land aufgefangen worden. Für das laufende Jahr 2024 erwartet der Verkehrsverbund Rhein-Sieg sogar ein Loch von rund 275 Millionen Euro, die zur Deckung der Mindereinnahmen durch das preisgünstige Angebot des Deutschland-Tickets benötigt werden (siehe Text am Seitenende). „Aktuell haben wir zwar die 500 000er-Marke an Abonnenten geknackt. Und wir erwarten mit der Einführung des Semester-D-Tickets für Studenten, dass wir bis zum Ende des laufenden Jahres die 700 000er-Grenze erreichen werden. Dennoch fehlen uns dann immer noch zusätzliche 200 000 Abonnenten, um eine tarifliche Wirtschaftlichkeit zu bekommen“, erläutert Vogel.

Zusätzlich zu den Finanzierungsproblemen beim D-Ticket belasten die kommunalen Verkehrsunternehmen laut VRS-Angaben die „nach wie vor hohen Energiekosten“ und die immer noch wirkenden Folgen der Corona-Krise. „In der Pandemiephase sind die Fahrgastzahlen bis zu 80 Prozent eingebrochen. Inzwischen liegen wir zwar wieder bei 90 bis 95 Prozent der Vor-Corona-Zeit. Dennoch fehlen diese restlichen Einnahmen“, so die VRS-Geschäftsführer. Bei den Betriebsstoffen, insbesondere dem Diesel, sind die Preise zwar 2023 im Vergleich zum Jahr davor deutlich gefallen, lägen aber immer noch um rund 50 Prozent höher als noch im Jahr 2020. Der Strompreis sei 2023 zu 2022 noch einem um rund 9 Prozent gestiegen. „Zu den Kostenerhöhungen sind die Einnahmen eingebrochen von 700 Millionen Euro im Vor-Corona-Jahr 2019 auf 577 Millionen Euro in 2023“, macht Michael Vogel die brisante Lage beim ÖPNV in der Region deutlich. Mögliche Ansätze, um die Mehreinnahmen beim Deutschland-Ticket zu erhöhen wären zum Beispiel eine Preiserhöhung auf bis zu 69 Euro oder die Abschaffung der monatlichen Kündigungsmöglichkeit.

VRS: Digitales Fahrgastkonzept

Erfolge gab es dennoch zu vermelden – zumindest bei den Kunden, die den e-Tarif „eezy.nrw“ nutzen: „Laut unseren Umfrageergebnissen ist der eezy-App-Nutzer zu über 90 Prozent vollkommen zufrieden oder zufrieden mit unserem e-Traif-Angebot“, führt Sascha Triemer, Leiter Tarif und Verkehr VRS, aus. Dennoch sei der Anteil bei den Gelegenheitsticketkäufern immer noch auf einem niedrigen Niveau von rund einem Prozent. „Wir müssen hier noch mehr die Vorteile an die Kunden vermitteln, insbesondere was die Preisdeckelungen angeht – sprich: bei der Tageskarte bei 30 Euro, monatlich bei 49 Euro.“ Insgesamt zeigten sich die VRS-Vertreter beim digitalen Vertriebskonzept für das Jahr 2023 zufrieden, auch wenn noch viel Potenzial nach oben auszuschöpfen sei, so Triemer.

Wichtig für die Fahrgäste des ÖPNV war am Montag die Aussage von Geschäftsführer Michael Vogel, dass es zum Sommer keine Preiserhöhungen bei den Tarifen geben werde. „Nachdem die Finanzierung des Deutschland-Tickets in 2024 gesichert ist, wurde das folgerichtig von der VRS so beschlossen.“


Finanzierung des Deutschland-Tickets

Nach einem Beschluss der Verkehrsminister der Länder am 22. Januar bleibt es für das Deutschlandticket im Jahr 2024 beim Preis von 49 Euro. Damit werden sich die Bund und Länder wie im vergangenen Jahr auch in 2024 mit je 1,5 Milliarden Euro an den bundesweiten Kosten zur Betreibung des Deutschland-Tickets beteiligen. Für das Jahr 2025 gibt es noch kein grünes Licht. Und für eine langfristige Finanzierungsvereinbarung zum Deutschland-Ticket, die Verbraucherschützer und Umweltorganisationen wie Greenpeace seit längerem fordern, gibt es bisher keine Einigkeit zwischen Bund und Ländern. (dhi)

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